Ursprünglich wollte ich ja schon vor einer Woche nach Koyasan von Osaka aus fahren. Doch dann kam der Taifun und meine Unterkunft schrieb mir doch lieber nicht zu kommen aufgrund von Starkregen und Erdrutschgefahr. Also entschied ich mich, Koyasan ans Ende zu hängen. Blöderweise hatte ich für Takayama schon fest fünf Nächte gebucht (da kam der Sparfuchs raus). Die letzte Nacht konnte ich also nicht mehr stornieren. Wenn ich eins vom Taifun gelernt habe: Spontaner reisen und nie nie wieder ohne kostenlose Stornierung der Unterkunft buchen. Man weiß nie was kommt! Aber egal um die 17,- €, hauptsache ich komme noch zu diesem magischen Ort.
Heute klingelt der Wecker schon um 5.45 Uhr. Es wird immer früher! Eine Stunde später trete ich die lange Reise nach Koyasan an. Insgesamt bin ich 8 Stunden von Tür zu Tür unterwegs. Das wäre so, als würde ich spontan von Köln nach Rügen fahren. Es geht erst zwei Stunden nach Nagoya, von da aus eine Stunde nach Osaka. Hier nehme ich für 20 Minuten die Straßenbahn nach Namba, wo ich mir den Koyasan World Heritag Pass hole.
Die Fahrt lief übrigens richtig gut, keine Verspätungen, immer direkt den nächsten Anschlusszug bekommen. Die Bahnpläne sind auf einander abgestimmt, dass man jedes Fahrtmittel auch erreicht. Liebe Deutsche Bahn, das wäre doch mal was?
Koyasan-Reisetipp Nr. 1: Koyasan World Heritage Pass
Den Koyasan World Heritage Pass kann ich nur empfehlen. Für 23,63 € habe ich ein Returnticket von Namba nach Koyasan (der JR Rail Pass* deckt nicht alles ab) inklusive der Seilbahn hoch auf den Berg plus die Bustouren dort oben. Außerdem bekommt man Vergünstigungen auf Sehenswürdigkeiten und Souvenirläden.
Koyasan-Reisetipp Nr. 2: Die Zugfahrt von Hashimoto nach Koyasan
Alleine die Zugfahrt von Hashimoto nach Koyasan reicht, damit ich schockverliebt bin. Wir winden uns durch saftig grüne Wälder mit den höchsten Zedern, die ich je gesehen habe. Die Wolken hängen tief, was dem allen nur noch einen mystischeren Touch gibt.
Angekommen in Gokurakubashi geht es dann in die Seilbahn. Koyasan ist eine Art Tempel-Hochebene, die 800 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Man kann den 24 Kilometer langen Pilgerweg auf sich nehmen oder 10 Minuten mit der Seilbahn fahren. Die gibt es übrigens erst seit 1930.
Kleiner Exkurs: Zur Gründung von Koyasan und Kōbō Daishi
„Erst“, weil Koyasan bereits 816 von dem buddhistischen Mönch Kōbō Daishi gegründet wurde. Nachdem dieser in China alles über den Buddhismus erlernte, brachte er den Shingon-Buddhismus nach Japan. Er ebnete den Weg für die Kana, einer der drei japanischen Alphabete, soll die Schule in Japan erfunden haben und war ein sehr bekannter Kalligraph. Im Alter von 63 Jahren trat er dann die „ewige Meditation“ an. Die Legende besagt, dass er in sein heutiges Mausoleum gegangen, die Tür geschlossen hat und dort bis heute meditiert. Die Tür wurde seit dem nur ein einziges Mal geöffnet. Heute ist Koyasan und eben dieses Mausoleum von Kōbō Daishi eine bedeutsame Pilgerstätte für viele Buddhisten.
Koyasan-Reisetipp Nr. 3: erschwingliche Übernachtung im Koyasan Guesthouse Kokuu
Zu meinem Hostel brauche ich dann noch 20 Minuten mit dem Bus. Geschafft! Ich hätte ja liebend gerne in einer der 52 Tempel-Ins übernachtet. Aber das ist mit 200,- € plus Single-Zuschlag einfach zu teuer. Und alleine hätte es sicher auch nicht so viel Spaß gemacht. Das Koyasan Guesthouse Kokuu kostet mich „nur“ 33,- € und ist wirklich niedlich.
Es hat ein wenig die Form eines Zeltes. Eigentlich ist es nur ein riesen großer Raum, wo alles Platz findet: Rezeption, Küche, Aufenthaltsraum, die Capsulebetten, Duschen und WCs. Als ich einchecke, setzt sich der Besitzer sicher 20 Minuten mit mir hin und erklärt auf der Karte haargenau, wie ich wo hinkomme, was man wo machen kann und wo es das beste Essen gibt.
Er bucht für mich nicht nur den Okunoin Cemetery Night Walk (ist bei ihm übrigens am günstigsten), sondern reserviert mir auch die Fähre nach Zamami Island, weil das übers Internet irgendwie nicht klappt. Und auch das Chicken Curry mit Reis, Salat und Süßkartoffeln ist unfassbar lecker. Einer der besten Hostels, in denen ich war!
Koyasan-Reisteipp Nr. 4: Meditations-Unterricht bei einem echten Mönch
Nach der Einführung hole ich schnell Geld und spaziere ein wenig in Koyasan umher. Ich bin überwältigt von den unzähligen Tempeln und Tempel-Ins (mittlerweile sind es überschaubare 117). Sie sind einfach so wunderschön mit ihren japanischen Gärten, Bonsaibäumen, Toriis, Schreinen und Papierschiebetüren. Da mein Meditations-Unterricht im Eko-in Tempel stattfindet, kann ich zumindest einmal in solch einen Tempel-In reinschauen und davon träumen hier in Yukata (eine Art Kimono aus sehr leichtem und günstigerem Stoff) lang zu wandeln.
Meditations-Kurs für Anfänger im Eko-in Tempel
Der Mönch Nuri (so in etwa) gibt jeden Tag von 16.30 bis 17 Uhr eine kleine Meditations-Einheit. Auch Nicht-Gäste können einfach dazu stoßen und gegen eine Gebühr von 4,22 € mitmachen. Nuri bringt uns über zwei lange Flure und zwei Treppen zum im Innenhof gelegenen Tempel. Jeder bekommt ein kleines Sitzkissen.
Die richtige Körperhaltung beim Meditieren
Zum Beginn sollen wir uns jedoch ohne Kissen auf unsere Fersen setzen und uns einmal vor dem Buddha des Hauses verneigen. Dann setzen wir uns im Schneidersitz oder mit ausgestreckten Beinen auf das Sitzkissen. Bei erster Variante – die ich natürlich mache, weil sie sich so buddhistisch anfühlt – kommt der linke Fuß unter den rechten Oberschenkel und der rechte Fuß auf den linken Oberschenkel. Die Hände werden so in den Schoß gelegt, dass der rechte Handrücken auf der linken Handfläche liegt. Ich habe es immer genau umgekehrt gemacht, ist aber auch abhängig von der Buddhismus-Art.
Die Daumen „berühren sich und berühren sich nicht“. Was auch immer das heißen soll.
Dann sollen wir das Steißbein festigen, den Kopf nach oben ziehen und dafür Arme, Kopf und Brustkorb entspannen. Ein Mix aus Anspannung und Entspannung.
Die Augen sollten nicht offen sein, weil wir uns dann zu sehr auf unsere Umwelt konzentrieren. Aber auch nicht ganz geschlossen, weil wir uns dann zu sehr auf uns konzentrieren. Sie müssen halb offen bleiben – was gar nicht so einfach ist. So sehen tatsächlich auch sehr viele Buddha-Figuren aus.
Die richtige Atemtechnik beim Meditieren
Statt an nichts zu denken, sollen wir an unsere Atmung und unseren Zählrhythmus denken. Bis drei zählen und durch die Nase einatmen. Dann wieder drei Mal zählen und aus dem Mund ausatmen. Danach immer bis zehn zählen und nur noch durch die Nase ein- und ausatmen.
Und dann einfach versuchen mit dem Universum eins zu werden. Darum geht es beim Meditieren.
Koyasan-Reisetipp Nr. 5: Okunoin Cemetery Night Walk
Klingt vielleicht ein bisschen creepy, aber die nächtliche Wanderung über den Okunoin Friedhof ist ein wirklich einmaliges Erlebnis. Wieder vom Eko-Inn organisiert, geht es mit dem Mönch Nuri um 19.15 Uhr los. Ich habe heute sogar einen Travel Buddy bei mir, was alles noch toller macht. Katelin ist Mitte 30, kommt aus Amerika und macht hier drei Wochen Urlaub. Wir verstehen uns gleich sehr gut und machen die Tour heute und das Morgengebet morgen zusammen.
In einer doch etwas größeren Gruppe geht es dann für die nächsten 90 Minuten an alte Gräber, moosüberdeckte Toriis und Laternen mit Monden an der Seite vorbei. Ziel ist der heiligste Ort in Okunoin, das Mausoleum von Kōbō Daishi und die davor stehende Gokusho Offering Hall. Während des Rundganges erzählt Nuri einige spannende Sachen:
- Hier befinden sich 200.000 Gräber.
- Im Shingon Buddhismus heißt es, unser Geist ist wie der Mond. Eigentlich schön und perfekt. Doch manchmal sind wir sauer, dann wieder traurig, dann wieder sauer. Unser Geist ändert sich also so wie auch die Form des Mondes. Darum sind hier in den Laternen an jeder Seite ein voller und ein halber Mond ausgestanzt.
- Jeder kann sich hier auf dem Okunoin Friedhof begraben lassen, egal welcher Herkunft und welcher Religion. Viele Japaner lassen den Knochen ihrer Kehle (?) hier begraben, weil dieser aussieht wie zwei zur Meditation gefalteten Hände. Die restlichen Überreste bleiben in der Nähe der Familie.
- Der älteste Zedernbaum hier ist 800 Jahre alt.
- Die Lotusblume ist das Symbol des Buddhismus. Jeder sollte wie eine Lotusblume leben: Auch wenn wir uns in einer schmutzigen und unschönen Situation (der Sumpf, wo die Blume wächst) befinden, sollten wir trotzdem immer bestimmt unser Leben leben und wie eine starke Lotusblume aus dem Schlechten hervorragen.
- Am anderen Ende des Friedhofes haben viele große Unternehmen Grabdenkmäler für verstorbene Mitarbeiter erbauen lassen. So ist hier Yakult mit einer steinernden Trinkflache vertreten, eine japanische Fernsehrfirma mit einem Fernsehr geformten Stein und Canon. Die haben sich übrigens nach einer buddhistischen Göttin benannt, die hier ganz groß thront.
Vor dem heiligsten Bereich in Okunoin, sollen wir vorher eine der zehn Buddha-Statuen am Eingang mit Wasser begießen. Damit waschen wir uns symbolisch selbst rein. Vor der Brücke dann eine Verbeugung. Als ich die Gokusho Offering Hall sehe, verschlägt es mir fast die Sprache. Überall hängen hunderte von roten Laternen von der Decke herab. Der Tempel ist im wahrsten Sinne des Wortes erleuchtet.
Vor dem Mausoleum angekommen, erzählt uns Nuri viele spannende Dinge zu Kōbō Daishi. Dann setzt er zu einem Gebet an und singt ein bekanntes Mantra. Zur gleichen Zeit, sehen wir einen in einem weißen Anzug gekleideten Japaner, der mit seiner Gebetskette in der Hand hin und her läuft. Nuri erklärt: Wenn man 100 Mal vor dem Mausoleum auf- und abgeht, dann geht ein Wunsch in Erfüllung.
Am Ende bringt uns Nuri noch aus dem Fiedhof heraus. Es war eine unglaubliche und spirituelle Erfahrung.
21.30 Uhr wieder am Hostel angekommen, geht es auch direkt ins Bett. Morgen wollen wir 5.30 Uhr aufstehen, um bei dem Morning Prayer dabei zu sein. Ich kann es kaum erwarten.
Meine Ausgaben heute – Was kostet Japan?
- Koyasan World Heritage Pass: 23,37 €
- Mehrbett-Hostel in Koya (Koyasan Guesthouse Kokuu): 33,90 € (für 1 Nacht)
- Snacks:
- Krokette: 0,77 €
- Sushi aus dem 711: 1,27 €
- süßes irgendwas Mochimäßiges: 0,93 €
- 30 Minuten Meditations-Unterricht: 4,24 €
- Chicken Curry zum Abendessen: 8,47 €
- Okunoin Cemetry Night Walk: 16,95 €