Stell Dir vor, Du wärst jeden Tag glücklich, frei von Sorgen, Ängsten und Schmerzen. Bis ans Ende Deiner Tage. Das schafft keine Tafel Schokolade – und wenn sie noch so groß ist. Niemand bewahrt uns davor zu altern und dabei Schmerz zu empfinden. Beziehungen vergehen und lassen Wunden zurück. Ängste, ob vor Spinnen, der Dunkelheit oder dem Tod, hat jeder. All diese Dinge, ob positive oder negative Gefühle werden dabei nur durch eins bestimmt: unseren Geist. Den Geist zu lenken, dass will ich in den nächsten vier Tagen in einem buddhistischen Kloster in Thailand lernen. Ich bin in der Wat Pa Tam Wua Forest Monastery angekommen.
Meditieren für Anfänger: Was bringt meditieren?
Wir sind nicht die Angst, die Sorgen oder die Einsamkeit. Wir sind nicht unsere Emotionen und Gedanken. Wir sind viel mehr als nur unser Körper. Wenn wir meditieren, dann sind wir nur unser Geist. Und der lässt sich vom Körper lösen. Er kann unsere Gedanken lenken, negative Emotionen verschwinden und Schmerzen nicht mehr spürbar machen.
Der Geist ist wie ein Ozean. Er springt von einem Gedanken zum nächsten. Heute ist er wütend, morgen glücklich. Dabei sind die negativen Emotionen wie Wellen, die toben und sich aufbauschen bis zum Zerbrechen. Meditation hilft, diese Wellen zu besänftigen. Das nur noch eine sanfte Oberfläche da ist.
Warum ich in einem Kloster in Thailand meditieren lernen will
Genau das habe ich heute gelernt. Und ich finde diese Ansicht eine sehr schöne. Wie ich in meinen China-Berichten sehr anschaulich gezeigt habe: Ich bin ein sehr emotionaler Mensch. Ständig hänge ich der Vergangenheit nach und überlege, was ich hätte besser machen können, wie der Tag besser geworden wäre. Sehr oft bin ich den Tränen nahe, wenn eine Situation aussichtslos zu sein scheint. Immer mache ich mir Sorge darüber, wie eine Stresssituation negativ ausgehen wird. Oft gehe ich vom schlimmsten aus.
Unser Mönch/ Lifecoach Toom (vielleicht wird er so geschrieben) sagte dazu passend so schön: „You burn your heart out for something that is already in the past“. Ich will mein Herz nicht mehr ausbrennen lassen!
Vor der ersten Meditation: Kenne Dich selbst!
Natürlich ist das nicht immer so und eigentlich würde ich mich auch als positiven und lebensfrohen Menschen einschätzen. Aber diese kleine Analyse brauchte es, um meine Beweggründe für mein aktuelles Abenteuer darzulegen. Das Ziel von Meditation ist es, seinen Geist zu transformieren und ihn positiver zu machen. Und das gelingt nur, wenn wir komplett ehrlich mit uns selbst sind. Wenn wir wissen, wer wir sind. Dann können wir erst an uns arbeiten.
Wo ich bin: Wat Pa Tam Wua Forest Monastery
Denn: Ich bin in einem buddhistischen Kloster in Thailand. In der Wat Pa Tam Wua Forest Monastery werde ich die kommenden drei Tage meditieren. Und hoffentlich lernen, meinen Geist ein wenig mehr zu kontrollieren. Statt mich in meinen negativen Emotionen zu suhlen, einen Schritt zurück zu gehen, auf die Situation wie ein Ausstehender zu blicken und das Gefühl vergehen zu lassen. Es hinter mir zu lassen.
Denn eins ist auch klar: Ich muss mehr im Hier und Jetzt leben. Weniger in der Vergangenheit (Was wäre wenn?) und auch noch nicht in der Zukunft (Es wird sicher schlimm werden?). Den Geist zu festigen, darum bin ich hier.
Wie ich auf die Wat Pa Tam Wua Forest Monastery gekommen bin
Seit meinem Auslandssemester vor vier Jahren in Bangkok und vielleicht auch schon seit dem Buch „Eat, Pray, Love“, wollte ich in einem Kloster in Thailand übernachten. Etwas über Buddhismus, Mönche und mich selbst lernen. Dieses Mal mache ich diesen Traum war.
In verschiedenen Reiseblogs bin ich immer wieder auf die Wat Pa Tam Wua Forest Monastery gestoßen. Hier kann man zwischen drei und 15 Tagen wohnen, essen und meditieren. Eine Reservierung ist nicht möglich. Einfach hinfahren und man wird aufgenommen.
Anfahrt zum Waldkloster Wat Pa Tam Wua Forest Monastery
Weil es nur ein Bus-Unternehmen gibt, das über die Monastery bis nach Mae Hong Son fährt und die Tickets selbst in der Nebensaison schnell ausverkauft sind, habe ich gestern Abend doch noch eins online gebucht. Blöderweise habe ich ein falsches Datum angegeben, sodass mein erster Versuch gescheitert ist. 8,- € für das Ticket kann ich aber noch gut verkraften. Der zweite Versuch ist dann geglückt.
Heute ging es also um 8.30 Uhr mit dem Minivan hinten rechts reingequetscht zur Wat Pa Tam Wua Forest Monastery. Die Fahrt ist wild: 762 Kurven gilt es nach Pai zu bewältigen. 3 Stunden geschafft. In den kommenden 2 Stunden hat sich mein Magen noch etwas Zeit sich zu beruhigen. Nach fünf Stunden Fahrt bin ich endlich da. Dem Fahrer habe ich gleich am Anfang gesagt, wo er mich absetzen soll. Er hält vor dem Tor zur Wat Pa Tam Wua Forest Monastery an.
Dann ist es noch 1 Kilometer zu Fuß. Außer mir weit und breit niemand zu sehen. Und ich denke mir schon wieder: „Was mache ich denn schon wieder eigentlich für eine verrückte Aktion?“ In dem thailändischen Kloster werde ich aber noch auf sehr viele Gleichgesinnte treffen. So verrückt ist das also gar nicht.
Himmel auf Erden: Wat Pa Tam Wua Forest Monastery
Schon der Weg zum thailändischen Kloster ist toll: saftig grüne Reisfelder, hohe, dicht bewachsende Berge, Ruhe. Keine Autos, keine Roller, keine Menschen. Nach ein wenig Umherirren finde auch ich dann doch die sehr offensichtlich platzierte Information.
Ein sehr freundlicher Mensch begrüßt mich. Ich schreibe mich in das Check-in-Buch ein. Dann bekomme ich die obligatorischen weißen Sachen ausgeliehen – eine lange Hose und ein mindestens Schulter bedeckendes Hemd. Zusammen mit meiner (sehr sehr sehr dünnen) Schlafmatte, einem Kopfkissen und einer Wolldecke werde ich die Stufen hoch zu meinem Dorm geschickt.
Durch meine Recherche war ich ja schon drauf vorbereitet: Es gibt keine Betten! Ich schlafe wie ein Mönch in einem thailändischen Kloster nun einmal schläft: auf dem Fußboden. Ich suche mir einen guten Platz unter zwei Ventilatoren und stelle mein Bettenlager auf. In der Ecke finde ich noch einige Schlafmatten und hamster mir drei ein. Darüber mein dicker Poncho aus Tibet als Unterlage, darüber mein pinker Seidenschlafsack. Sieht fast gemütlich aus. Und das beste: keine Chance der Bettwanzen!
Erster Rundgang im Waldkloster von Thailand
Meine eine Mitbewohnerin ist auch schon wieder auf dem Sprung. Es ist ein privater Kuti (Schlafhütte) frei geworden, wo sie rein darf. Meine andere Mitbewohnerin bleibt noch zehn Tage. Also werde ich immerhin nicht allein in diesem riesigen Schlafsaal sein. Ein bisschen verrückt ist sie aber schon. Sie wünscht sich eine Guten-Morgen-Umarmung, stellt wie ein Wasserfall fragen, geht aber nicht auf die Antworten ein und erzählt selbst nichts von sich. Ich glaube, ich werde ab morgen ein Schweigeschild tragen.
Die Anlage ist wunderschön. Sie ist umgeben von Bergen, mitten im Wald. Alles ist saftig grün. Es stehen Bäume im Garten, die bunte Blumen tragen. Man hört das Wasser vom Fluss plätschern und hat über sich einen strahlend blauen Himmel. Ich liebe es!
Dinner Cancelling und die erste Meditation
Aufgrund meiner langen Anreise bin ich erst gegen 14 Uhr angekommen. Damit habe ich das Mittagessen und somit die letzte Mahlzeit des Tages verpasst. Da ich nur ein Toast zum Frühstück und ein Steamed Bun zum Mittag hatte, brauche ich dringend noch Abendbrot. Im Shop am Eingang des thailändischen Mönchsklosters kaufe ich mir eine Instant-Nudelsuppe, die mir die Zunge abfackelt.
Um 18 Uhr dann mein erster Programmpunkt in der Dhamma Hall, dem Herzstück der Anlage, wo alle Aktivitäten stattfinden: Abend-Gesang und Meditation. Wir singen, was eher ein Sprechgesang ist, 45 Minuten lang. Es sind Texte auf Pali, die ich nicht verstehe. Aber am Ende jeder Zeile steht ein englischer Text, der dann wahrscheinlich die sinnbildliche Zusammenfassung ist.
Danach folgen 35 Minuten meiner ersten Meditation in dem Kloster in Thailand. Ich versuche meinen Atem zu verfolgen: einatmen, ausatmen. Wie fühlt sich der Atem an? Beim Einatmen ist er kühl, beim Ausatmen wärmer. So genau weiß ich aber nicht, ob das so richtig ist. Soll ich an meinen Atem denken? Oder an gar nichts? Oder an ein bestimmtes Bild? Ich mache einfach wie ich denke. Und schlafe dabei fast ein. Letzte Nacht war kurz, der Morgen früh und die Fahrt lang. Nach der Meditation gehe ich direkt in meinen Dorm. Um 20 Uhr liege ich auf dem Boden und schlummere. Mein Meditations-Unterricht in einem buddhistischen Kloster in Thailand kann beginnen.